Mit dem Antikfinish zum wertvollen Schuh
Für die Erschaffung eines Antikfinishs sollten Sie ganz grundsätzlich Experimentierfreude mitbringen. Denn dahinter verbirgt sich keineswegs bloß eine weitere Methode vorschriftsmäßigen Schuheputzens, sondern vielmehr das Ziel, auf individuelle Weise dem Oberleder Ihrer Schuhe den Look eines gepflegt gealterten, wertvollen Schuhs zu verleihen.
Wird nämlich ein hochwertiges Außenschaftleder kontinuierlicher Schuhpflege unterzogen, entsteht fast automatisch im Laufe der Zeit eine wundervolle Patina.
Um aber leichte Oberflächenverletzungen der Ledernarbe als dunkle Markierungen hervorheben zu können - und darum geht es schlicht beim Antikfinish -, darf der Schuh natürlich nicht schwarz sein. Denn auf solchem Untergrund blieben dunkle Stellen unsichtbar.
Ebenfalls ungeeignet sind deckgefärbte Oberleder. Dort würden Schaftverletzungen einzig die partielle Zerstörung der Farbschicht bewirken, darunterliegende helle Lederfasern betonen und erzeugen insgesamt ein schäbig kratzig-fleckiges Aussehen. Hingegen dürfen durchgefärbte Oberleder aller Braunschattierungen als optimale Kandidaten für einen selbstgeschaffenen optischen Veredlungsprozess betrachtet werden.
Es gilt also, mittels des Einsatzes einer oder mehrerer tendenziell dunklerer Schuhcremes / Schuhwachse, die Illusion eines gealterten Schaftleders zu erreichen.
Dazu lässt sich speziell das BURGOL Schuhwachs in seinen unterschiedlichen Farbtönen verwenden, wobei prinzipiell einfach wichtig ist, dass eine gutes Schuhwachs benutzt wird, weil solche genügend Zeit verschafft für eine ausgiebige Schuhpflege, über welche ein Antikfinish erst möglich wird.
Nähmen Sie stattdessen Schuhcremes aus Tuben, trockneten jene zweifelsfrei derart flott, dass nur eine fleckig-wolkige Oberfläche entstände. Das mag manchmal sogar reizvoll aussehen, doch das Ergebnis wäre ein anderes, wesentlich weniger elegantes – eben nicht „antik”.
Um das Aussehen sowie die Wirkung eines selbst erarbeiteten Antikfinishs exakt antizipieren zu können, bedarf es Übung und Geduld. Lassen Sie sich dennoch bzw. gerade deswegen nicht abhalten.
Auch wenn es am Anfang etwas anders ausfällt als Sie es eigentlich gewollt hatten - es ist schließlich Ihr individuelles Antikfinish! Und falls Sie während der Schuhpflege merken, dass es deutlich in die falsche Richtung geht, wischen Sie mit einem sauberen Teil des bereits zum Auftrag verwendeten Premium Poliertuchs 40 x 40 cm noch frisches Schuhwachs kurzerhand ab.
Sollte diese allerdings bereits angetrocknet sein, greifen Sie zu frischem Schuhwachs im Grundton des Leders. Dort enthaltene Lösemittel dürften gereichen, um, nach kräftigem Reiben mit dem Polierlappen, die darunterliegende Schicht verschwinden zu lassen.
Wünschen Sie ein früher aufgebrachtes Antikfinish zu entfernen, eignet sich das Verfahren zum Aufbau neuer Farbe, wie im folgenden Artikel beschrieben wird. Sie brauchen jedenfalls keine Sorge zu haben, Ihre Schuhe irreversibel zu verderben. Diverse Techniken des Schuheputzens garantieren stets Wege zurück.
Doch Antikfinish ist nicht gleich Antikfinish! Im Folgenden geben wir noch einige Empfehlungen zur Mischung von Schuhcremes / Schuhwachsen sowie dem Polieren nach erfolgter Schuhpflege und knüpfen damit an unseren nun schon mehrere Wochen zurückliegenden Beitrag zum Thema an:
Schuhe mit vielen Außenschaftteilen sowie Lochverzierungen, wie beispielsweise Fullbrogues, bieten leichte Einstiegsmöglichkeiten in Sachen Antikfinish. Denn ihre zahlreichen Kanten und Ornamente erzeugen beinahe ganz von selbst den Anschein des Altehrwürdigen, mithin Antiken.
Sowohl an jenen Stellen als auch in den schmalen Gehfalten des Schafts bleibt von der verwendeten Schuhcreme / dem Schuhwachs stets etwas zurück, sodass diese Parts später die für ein antikes Schuhleder typischen dunklen Stellen vorweisen werden.
Bei mittel- bis dunkelbraunen Schuhen empfiehlt es sich außerdem, jedes vierte Mal statt einer farblich passenden Schuhcreme geringe Mengen schwarzer zur Schuhpflege zu verwenden. Cognacfarbenen Schuhledern verleiht hingegen rötliches Schuhwachs eine äußerst aparte Präsenz.
Variieren Sie ebenso einmal die Antrocknungszeit: In der Regel werden die zusätzlichen Farbschichten bereits kurz nach dem Auftragen mit einer Glanzbürste aus Rosshaaren poliert. Beginnen Sie aber damit erst ein, zwei Stunden später, wird das Lösemittel einziehen und zugleich verdunsten können, wodurch der Effekt nach dem Glanzbürsten regelmäßig etwas anders ausfällt.
Eine weitere Arbeitsmethode funktioniert so: Sie mischen direkt zum normalerweise verwendeten Schuhpflegewachs (im Grundton des Oberleders) ein zusätzliches in dunklerem Farbton hinzu.
Geübte machen dies sogar unmittelbar auf dem Oberleder des Schuhs. Dass dadurch einige Schaftbereiche etwas mehr von der dunklen Schuhcreme abbekommen als andere, ist durchaus erwünscht.
Exemplarisch spielt das kappenbetonte Antikfinish, bei welchem die Schuhspitze insgesamt älter erscheint, bewusst mit solchen Unterschieden. Auch kann dieses Erscheinungsbild häufig bei industriell gefertigten Antikfinishs beobachtet werden, weil es sich mittels maschineller Unterstützung (dunkles Schuhwachs auf die Kappe gedrückt und mit der Bürstenmaschine schnellpoliert) ohne sonderlichen Aufwand realisieren lässt.
Die Abbildung des hinteren Balmoral-Boots zeigt im Übrigen die Originalschaftfarbe, wohingegen der vordere Stiefel ein kappenbetontes (natürlich manuelles) Antikfinish erhielt.
Darüber hinaus gibt es ein Verfahren, bei dem die zweite Schicht dunklerer Schuhwachs gleich von den Haaren einer Glanzbürste aus Ziegen- oder Yakhaar aufgetragen wird. Dazu soll ein wenig Schuhwachs mit der Bürste aufgenommen und anschließend schlicht solange geputzt werden, bis sich Glanz einstellt.